02. JUNI 2000
Einsatzprotokoll
Am 2. Juni 2000 um 03:39 Uhr wurde die Feuerwehr Kaltenkirchen mit der folgenden Meldung alarmiert:
FeuGr, Kaltenkirchen, Am Markt 3, Reetdachhaus
Folgende Einsatzkräfte waren im Einsatz:
80/11, 80/19, 80/23, 80/32, 80/44/1, 80/44/2, 80/45, 80/52, 80/54, Kater 2, Kater 2/01, FF Alveslohe, FF Henstedt-Ulzburg, FF Kisdorf, FF Oersdorf, FF Schmalfeld, Florian Segeberg 90/24 (FF Norderstedt), Florian Pinneberg 70/24 (FF Quickborn), THW Kaltenkirchen, DRK Kaltenkirchen (SEG), Polizei
Eckdaten des Einsatzes: | |
03:39 | Vollalarm für die FF Kaltenkirchen |
03:43 | Sirenenalarm für Kaltenkirchen |
03:44 | Es wird der 2. Alarm ausgelöst. Somit werden die Wehren Alveslohe, Henstedt-Ulzburg, Kisdorf, Oersdorf und Schmalfeld und die SEG Kaltenkirchen alarmiert. |
03:53 | Rückmeldung von Einsatzleiter: Dach des Reetdachhauses hat durchgezündet |
03:55 | Anforderung der TLF 24/50 aus Norderstedt und Quickborn |
04:26 | Alarm für das THW Kaltenkirchen |
17:15 | Einsatzende für die Feuerwehr |
Einsatz Nr.: 60
Anzahl Einsatzkräfte: 311
Einsatzleiter: Thomas Schwedas-Kassebaum
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Presseberichte
Das schönste Reetdachhaus ein Opfer der Flammen
Kaltenkirchen – “Das Strohdachhaus”, wie es im Volksmund liebevoll genannt wurde, ist gestern Morgen ein Raub der Flammen geworden. Kaltenkirchens repräsentativstes Gebäude am Kleinen Markt brannte trotz eines Großeinsatzes zahlreicher Feuerwehren bis auf die Grundmauern nieder. Die Kriminalpolizei Bad Segeberg, die die Ermittlungen übernommen hat, geht davon aus, dass Brandstiftung die Ursache des Großfeuers ist. Sie beziffert den Schaden auf 1,8 Millionen Mark. In dem historischen Gebäude waren zwei Arztpraxen, ein Foto- und ein Bekleidungsgeschäft sowie eine Privatwohnung untergebracht.
Um 3.39 Uhr stürzte gestern eine Frau in die Polizeistation Kaltenkirchen an der Hamburger Straße. “Das Strohdachhaus brennt”, rief sie aufgeregt. Sie war gerade mit ihrem Auto am Kleinen Markt vorbeigefahren. Ein Streifenwagen raste sofort zu dem historischen Gebäude, das wahrscheinlich bereits 1801 einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen war. Die Beamten versuchten vergeblich, mit einem Feuerlöscher der Flammen Herr zu werden. Um 3.44 Uhr war Kaltenkirchens Wehrführer Thomas Schwedas-Kassebaum mit den ersten Einsatzfahrzeugen am Brandort.
“Zunächst brannte das Dach nur an der Giebelseite auf etwa drei Meter Länge und zehn Zentimeter Breite”, erläuterte Schwedas-Kassebaum gestern Vormittag während der Aufräumarbeiten. “Ich dachte, das sei rasch in den Griff zu bekommen. Aber nach etwa vier bis fünf Minuten gab es schon diese typische Verpuffung, und das Dach hatte voll durchgezündet. Trockener Staub und Spinnweben, die sich darunter gesammelt haben dürften, wirkten wie ein Brandbeschleuniger.” Meterhoch schlugen die Flammen aus dem Reetdach. Der Wachdienst im einigen Kilometer entfernten Möbelhaus Dodenhof dachte angesichts der Helligkeit zunächst, die Sonne sei bereits aufgegangen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Wehrführer Schwedas-Kassebaum längst den zweiten Alarm ausgelöst, so dass die Wehren aus Henstedt-Ulzburg, Kisdorf, Oersdorf, Schmalfeld und Alveslohe sowie zwei Tanklöschfahrzeuge aus Norderstedt und Quickborn ausrückten. Doch die etwa 200 Feuerwehrleute mit ihren rund 50 Einsatzfahrzeugen waren machtlos gegen die sich mit rasender Geschwindigkeit ausbreitenden Flammen. Sie mussten sich darauf beschränken, Mobiliar und andere Einrichtungsgegenstände aus dem brennenden Haus zu bergen. So konnten aus der Praxis des Kieferorthopäden 200 Gebissabdrücke und Computerzubehör in Sicherheit gebracht werden.
Mit an der Brandstelle waren auch das Technische Hilfswerk (THW) und 25 Helfer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Sie konnten allerdings nicht verhindern, dass Feuerwehrmann Dominik Mohr mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden musste. Gestern Vormittag wurde er wieder entlassen. Zu diesem Zeitpunkt fachte der Wind immer wieder und wieder einzelne Brandnester an, so dass die Feuerwehr bis in den Nachmittag hinein beschäftigt war. Für die eingesetzten Kräfte war auf dem Kleinen Markt ein provisorischer Imbissstand aufgebaut worden, wo sie sich stärken und ihren Durst löschen konnten.
Ein Zusammenhang mit dem Brand des Bürgerhauses im September vorigen Jahres sieht die Kripo nicht. Der mutmaßliche Täter sei in Haft, hieß es dazu.
Die Besitzer des Strohdachhaus-Grundstücks sind seit 1526 bekannt. Es handelte sich um eine der sieben Halbhufenstellen im Kirchspiel Kaltenkirchen. 1931 erwarb Dr. Adolf Hamdorf, Vater der heutigen Besitzerin Antje Gußmann, das Grundstück, zudem bis 1911 auch der heutige Marktplatz mit dem Brunnen gehört hatte.
Quelle: Hamburger Abendblatt, Norderstedter Zeitung
erschienen am 3. Juni 2000
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Pressebericht der Segeberger Zeitung
Reetdachhaus am Markt angesteckt
- Wieder Millionenschaden durch Brandstiftung in Kaltenkirchen
- Hausbesitzerin konnte sich in letzter Minute retten
Kaltenkirchen. Tiefe Trauer, aber auch Wut spiegelte sich gestern Morgen auf den Gesichtern der Kaltenkirchener und Kaltenkirchenerinnen wieder als sie die Löscharbeiten am Grünen Markt beobachteten. Ein noch unbekannter Brandstifter hatte früh morgens eines der Wahrzeichen der Stadt, das reetgedeckte Haus am Markt, angezündet. Hausbesitzerin Antje Gußmann konnte sich in letzter Minute retten. Das Gebäude brannte völlig aus, obwohl über 200 Feuerwehrleute mit aller Macht gegen das Flammenmeer kämpften. Die Kriminalpolizei in Bad Segeberg beziffert den Schaden auf rund 1,8 Millionen Mark.
“Geht dahinten über der Stadt bereits die Sonne auf?” Das fragte sich gestern gegen 4 Uhr ein Sicherheitsbeamter der Firma Dodenhof, denn der Himmel über Kaltenkirchen leuchtete feuerrot.
Doch der Grund für das imposante Schauspiel war traurig. Eines der Wahrzeichen der Stadt, das Strohdachhaus am Grünen Markt, stand in hellen Flammen. Das markante Gebäude war von den über 200 Feuerwehrleuten aus Kaltenkirchen, Kisdorf, Oersdorf, Alveslohe, Schmalfeld, Henstedt-Ulzburg, Norderstedt und Quickborn – die mit über 40 Fahrzeugen im Einsatz waren – nicht mehr zu retten.
Es war gestern um 3.35 Uhr, als eine Passantin aus dem Gebäude, in dem ein Fotogeschäft, eine Boutique, eine Arztpraxis, eine Praxis für Kieferorthopädie sowie die Wohnung der Besitzerin untergebracht waren, Flammen am Dach bemerkte. Sofort alarmierte sie die Polizei. Die Beamten gaben den Notruf umgehend an die Feuerwehr weiter und eilten zur Brandstelle.
Die Ordnungshüter entdeckten Flammen am Dach der Giebelseite über Foto-Goos. Sie versuchten, mit dem Feuerlöscher des Streifenwagens den noch kleinen Brand zu löschen. Das gelang jedoch nicht, weil sich die Flammen schlagartig auf eine größere Fläche ausbreiteten.
Neun Minuten nach dem ersten Anruf waren Feuerwehrleute, mit Wehrführer Thomas Schwedas-Kassebaum an der Spitze, an der Unglücksstelle. “Wir sahen schon die Flammen aus dem Dach schlagen, dachten aber noch, wir könnten sie aufhalten. Aber das klappte nicht. Das aggressive Feuer breitete sich schnell aus.”, beschreibt Schwedas-Kassebaum die Situation.
Die Feuerwehrmänner wussten, dass die Hausbesitzerin Antje Gußmann im ersten Stock des Gebäudes wohnt. Deshalb erklomm einer der Kameraden über eine Leiter den Balkon. Doch Frau Gußmann hatte kurz zuvor das Haus mit ihrem Hund verlassen. Es gelang ihr auch noch, ihr Auto aus der Garage t zu retten.
Das Fotogeschäft Goos wurde völlig vernichtet. Seit 1985 betreibt Jürgen Goos dort sein Studio. Mitarbeiter Daniel Rosenberg aus Kellinghusen hatte die Nachricht über das Feuer im Radio gehört, seinen Chef, der in Barmstedt wohnt, angerufen und ihm die schlechte Nachricht übermittelt. Goos war erschüttert, als er gestern zusammen mit seiner Freundin Maibritt Fagralid in die Trümmer blickte. Er macht sich große Sorgen um seine berufliche Zukunft. Traurig dürften auch viele Kunden sein, denn ihre Bilder wurden ein Raub der Flammen.
200 Gipsabdrücke aus der Praxis für Kieferorthopädie von Dörthe Betzenberger konnten die Helfer von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk nach den ersten Löscharbeiten ebenso retten wie Krankenakten aus der Arztpraxis von Karin Dietz. Die beiden medizinischen Einrichtungen sind nur noch ein Berg von Schutt und Asche. Behandlungsstühle, Computer und weitere teure Einrichtungsgegenstände sind unbrauchbar. Auch die Boutique von Frau Gußmann wurde völlig vernichtet.
Während des Großeinsatzes war die Innenstadt weiträumig gesperrt. Selbst die Supermärkte und andere Geschäfte konnten bis gegen 8 Uhr nicht beliefert werden. Überall lagen Schläuche.
Neben zahlreichen Hydranten hatten Feuerwehrleute sogar Trinkwasserleitungen an der Hamburger Straße und nahe der Lembcke-Kreuzung angezapft. Rund 1,5 Millionen Liter Wasser wurden in die Flammen gepumpt. Im Wasserwerk am Kamper Weg musste der Druck erhöht und Reservepumpen zugeschaltet werden. Zudem wurde aus dem Teich am Fröbelweg – der ehemaligen Badeanstalt – Löschwasser gefördert. Bei dem äußerst brisanten Einsatz erlitt ein Feuerwehrmann eine leichte Rauchvergiftung. Er wurde vorsorglich ins Krankenhaus gebracht. Zur medizinischen Betreuung der Einsatzkräfte waren gut zwei Dutzend Mitarbeiter vom Deutschen Roten Kreuz angerückt.
Bereits im September des vergangenen Jahres war ein anderes reetgedecktes Gebäude in Kaltenkirchen ebenfalls ein Opfer eines Brandstifters geworden – das Bürgerhaus. Es wird zur Zeit wieder aufgebaut. Am Dienstag war Richtfest.
Kaltenkirchens Bürgermeister Ingo Zobel – der ebenso wie Landrat Georg Gorrissen an die Unglücksstelle geeilt war – zeigte sich tief betroffen: “Ich bin genau so erschüttert wie alle anderen Kaltenkirchener auch. Das Reetdachhaus gehörte neben dem Bürgerhaus und der Michaeliskirche zu den drei Wahrzeichen unserer Stadt, von denen zwei auf so ungeheuerliche Weise vernichtet wurden.” 1990 wollte die Stadt das Haus erwerben. Man wurde sich aber nicht über den Kaufpreis einig.
Die Kriminalpolizei in Bad Segeberg sucht Zeugen, die verdächtige Beobachtungen gemacht haben (Telefon: 04551 / 8840).
Der Brandstifter des Bürgerhauses, der damals der Kaltenkirchener Jugendfeuerwehr angehörte, kommt für die Tat gestern früh allerdings nicht in Frage, denn er befindet sich in psychiatrischer Unterbringung in Kiel.
Quelle: Segeberger Zeitung
erschienen am 3. Juni 2000
45 Meter Alt-Kaltenkirchen in Trümmern
Zu den am meist fotografierten Gebäuden in Kaltenkirchen gehörte das Reetdachhaus am Grünen Markt. Mit der Michaeliskirche im Hintergrund bildete das rund 45 Meter breite Gebäude auch ein beliebtes Motiv für Hobbymaler. Das frühere Bauernhaus bedeutet für viele Kaltenkirchener – und auch Auswärtige – mehr als einen schönen Anblick. Insbesondere ältere Bürger sahen in dem historischen Gebäude, in dessen Umgebung – wie in der Stadt überhaupt – sich in den vergangenen Jahrzehnten viel gewandelt hat, ein vertrautes Stück Geschichte vom ursprünglichen Kaltenkirchen mit einst dörflichem Charakter. Früher fanden vor dem Haus unter anderem der Jahrmarkt statt, in der Nachbarschaft gab es gleich vier Tanzlokale. Erbaut wurde der wohl frühste Vorgänger des heutigen Reetdachhauses nach dem Dreißigjährigen Krieg in Mitte des 17. Jahrhunderts. Das mehrfach um- und ausgebaute Wohn- und Wirtschaftsgebäude wechselte häufiger sein Besitzer. Im Jahr 1801 wurden 26 Gebäude im Kaltenkirchener Dorfzentrum durch eine Feuersbrunst zerstört, darunter auch das alte Strohdachhaus am Markt. Das wieder aufgebaute Haus gehörte damals Dierk Brömmer. Er verpachtete es 1832 an den Schmied Franz Hasch aus Schmalfeld, der zwei Jahre später den Hof für seinen Sohn Hans kaufte. Hans Hasch starb 1852 und hinterließ Frau Marie mit fünf unmündigen Kindern. Von denen übernahm Hans Hasch junior den Hof, zu dem auch der heutige Marktplatz gehörte und als Hauskoppel diente. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Wohn- und Wirtschaftsgebäude erneut vergrößert. Nach den Anbau eines 12 Meter langen Wohntraktes an der Nordseite und eines Stallflügels erstreckte sich das Gebäude über 45 Meter. 1903 übernahm Heinrich Hasch den Hof seines Vaters. Der Erbe verkaufte 1911 die große Hauskoppel an die Gemeinde. Ab 1927 musste wegen der schlechten Wirtschaftslage weitere Teile des Hofes abgegeben werden. Auch Walter Hasch, der den Hof von seinem Vater Heinrich geerbt hatte, musste sich von Eigentum trennen. 1930 kaufte die Gemeinde das gesamte Anwesen. Im Jahr darauf erwarb Arzt Adolf Hamdorf das Bauernhaus. Kate, Schweinestall und Remise wurden 1931 abgerissen. Der Stall an der Nordseite wurde 1934 abgebrochen, dafür ließ Dr. Hamdorf das Dachgeschoss über dem Haupteingang ausbauen. Im Erdgeschoss richtete er Wohnung und Praxis ein. Dort hatte später der Kinderarzt Dr. Jürgen Grützmacher einige Jahre eine Praxis. Bis gestern früh waren unter dem Reetdach die Arbeitsplätze der Ärztin Karin Dietz und die Kieferorthopädin Dörthe Betzenberger zu finden. Die große Tenne mit dem Tor zur Nordseite war erst nach dem zweiten Weltkrieg umgebaut worden. 1950 eröffnete Wilhelm Rüter dort ein Manufakturenwarengeschäft, 1976 zog Foto-Friedrich ein, 1985 folgte Foto-Goos. Das Haus gehört seit 1974 Antje Gußmann, der Tochter von Dr. Hamdorf. Schon Anfang der 60-Jahre hatte sie zum Marktplatz hin eine Boutique eröffnet.
Quelle: Segeberger Zeitung
erschienen am 3. Juni 2000
Noch keine Spur vom Brandstifter
Noch hat die Kripo in Bad Segeberg keine Spur vom Brandstifter, der in der Nacht zu Freitag das repräsentativste Gebäude Kaltenkirchens, das Strohdachhaus am Grünen Markt, in Schutt und Asche legte. Es entstand ein Schaden von rund 1,8 Millionen Mark. Über 200 Feuerwehrleute hatten vergeblich versucht, das historische Gebäude zu halten. Zwar blieb außer den Grundmauern auch der verkohlte Dachstuhl stehen, doch der musste wegen Einsturzgefahr fast vollständig entfernt werden. Wie jetzt bekannt wurde, hatte es zwei Tage vor dem Feuer auf dem Famila-Parkplatz nachts um dieselbe Uhrzeit gebrannt. Dort waren Papiercontainer angezündet worden. Auch vor neun Monaten waren zunächst Papiercontainer angesteckt worden, bevor das Kaltenkirchener Bürgerhaus niederbrannte. Der Brandstifter von damals kommt für die jüngsten Brände jedoch nicht in Frage, da er in der Psychiatrie in Kiel untergebracht ist.
Quelle: Segeberger Zeitung
erschienen am 5. Juni 2000
Strohdachhaus am Grünen Markt abgebrannt
Kaltenkirchen (zb) – Erneut hat Kaltenkirchen den Verlust eines historischen und ortsprägenden Hauses zu beklagen. Mit Trauer und Betroffenheit standen die Bürgen am Grünen Markt und blickten auf die vergeblichen Rettungsversuche der Feuerwehr. Das große Strohdachhaus war am frühen Freitagmorgen vergangener Woche ein Raub der Flammen geworden.
Reet war nicht zu löschen
Gegen 3.30 Uhr wurde die Wehr alarmiert, nachdem bei der Einsatzleitstelle ein Anruf einer Passantin eingegangen war. Wie Thomas Schwedas-Kassebaum, Wehrführer der Kaltenkirchener Feuerwehr und Einsatzleiter, berichtete, war er mit seinen Leuten bereits wenige Minuten später an der Brandstelle. Kurz zuvor waren bereits Polizeibeamte vor Ort eingetroffen. Sie versuchten zunächst, das erst glimmende Feuer an der Giebelfront oberhalb des Fotogeschäftes mit dem Feuerlöscher aus dem Streifenwagen zu bekämpfen. Dann breitete sich in Sekundenschnelle der Brand über die gesamte Firstlänge aus. „Mit einem Puff durchgezündet“, erklärte Wehrführer Schwedas-Kassebaum. Im Nu standen die Feuerwehrleute in dichtem, schwarzen Qualm. Ein Feuerwehrmann zog sich dabei eine Rauchvergiftung zu und musste ambulant im Krankenhaus behandelt werden. Aufgrund des Ausmaßes des Brandes forderten die Kaltenkirchener Feuerwehrleute Unterstützung von anderen Wehren, des Technischen Hilfswerkes, des Deutschen Roten Kreuzes und von der Firma Brockmann an. Am Vormittag begann man damit, das immer wieder aufflammende und qualmende Reetdach und die verkohlten Dachbalken mit technischem Gerät vorsichtig abzutragen. Am Boden wurde erneut mit dem Wasserrohr in das glühende Stroh gehalten, um alle Brandnester zu löschen. Die Abräumarbeiten wurden mit äußerster Vorsicht durchgeführt, um nach Möglichkeit die Mauern im Erdgeschosses nicht zu beschädigen und so unter Umständen einen möglichen Aufbau des Hauses aus den historischen Mauern wieder zu ermöglichen. Insgesamt waren über 220 Feuerwehrleute und die anderen Hilfsdienste an den Lösch- und Aufräumarbeiten, die den ganzen Tag andauerten, beteiligt. Die umfangreichen Absperrungen führten teilweise zu einem Verkehrschaos in der Stadt.
Wieder Brandstiftung
Der Schaden wird auf rund 1,8 Millionen Mark beziffert. In dem Gebäude befanden sich neben einer Wohnung ein Foto- und ein Textilgeschäft sowie zwei Arztpraxen. Aus der kiefernorthopädischen Fachpraxis konnten Feuerwehrleute Gipsabdrücke und Software retten. Nach den bisherigen Ermittlungen der Kriminalpolizei ist von Brandstiftung auszugehen. Vermutungen einiger Bürger, er könne sich um denselben Brandstifter handeln, der im September das Bürgerhaus angesteckte, wurden nicht bestätigt.
Die Kriminalpolizei bittet Zeugen, die sich zur Brandzeit im Bereich des Objektes aufgehalten oder verdächtige Beobachtungen gemacht haben, sich mit der Kriminalpolizei Bad Segeberg, Telefon 04551-884-0, oder jeder anderen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen.
Quelle: UMSCHAU
erschienen am 7. Juni 2000
Bereits im 16. Jahrhundert hat an dieser Stelle ein Bauernhaus gestanden, das während des großen Kaltenkirchener Feuersturms 1801 vernichtet wurde. An gleicher Stelle wurde wieder eine Hofstelle errichtet, die um die Jahrhundertwende auf die jetzige Größe erweitert wurde. 1931 kam das Haus in den Besitz von Dr. Hamdorf und gehört heute seiner Tochter Antje Gussmann, die seit vielen Jahren dort einen Modeladen betreibt.
Quelle: UMSCHAU
erschienen am 7. Juni 2000
Strohdachhaus wurde Raub der Flammen
Trauer und Wut über Brandstiftung
Kaltenkirchen. Tiefe Trauer, aber auch Wut spiegelt sich Freitag auf den Gesichtern der Kaltenkirchener und Kaltenkirchenerinnen wieder, als sie die Löscharbeiten am Grünen Mark beobachteten. Ein noch unbekannter Brandstifter hatte früh morgens eines der Wahrzeicher der Stadt, das reetgedeckte Haus am Markt, angezündet. Hausbesitzerin Antje Gußmann konnte sich in letzter Minute retten. Das historische Gebäude brannte völlig aus, obwohl über 200 Feuerwehrleute mit aller Macht gegen das Flammenmeer kämpften. Die Kriminalpolizei in Bad Segeberg bezifferte den Schaden auf rund 1,8 Millionen Mark.
“Geht dahinten über der Stadt bereits die Sonne auf?” Das fragte sich gegen 4 Uhr ein Sicherheitsbeamter der Firma Dodenhof, denn der Himmel über Kaltenkirchen leuchtete feuerrot. Doch der Grund für das imposante Schauspiel war traurig. Eines der Wahrzeichen der Stadt, das Strohdachhaus am Grünen Markt, stand in hellen Flammen. Das markante Gebäude war von den über 200 Feuerwehrleuten aus Kaltenkirchen, Kisdorf, Oersdorf, Alveslohe, Schmalfeld, Henstedt-Ulzburg, Norderstedt und Quickborn – die mit über 40 Fahrzeugen im Einsatz waren – nicht mehr zu retten.
Es war in der Nacht zum Freitag um 3.35 Uhr, als eine Passantin aus dem Gebäude, in dem ein Fotogeschäft, eine Boutique, eine Arztpraxis, eine Praxis für Kieferorthopädie sowie die Wohnung der Besitzerin untergebracht waren, Flammen am Dach bemerkte. Sofort alarmierte sie die Polizei. Die Beamten gaben den Notruf umgehend an die Feuerwehr weiter und eilten zur Brandstelle.
Die Ordnungshüter entdeckten Flammen am Dach der Giebelseite über Foto-Goos. Sie versuchten, mit dem Feuerlöscher des Streifenwagens den noch kleinen Brand zu löschen. Das gelang jedoch nicht, weil sich die Flammen schlagartig auf eine größere Fläche ausbreiteten.
Neun Minuten nach dem ersten Anruf waren Feuerwehrleute, mit Wehrführer Thomas Schwedas-Kassebaum an der Spitze, an der Unglücksstelle. “Wir sahen schon die Flammen aus dem Dach schlagen, dachten aber noch, wir könnten sie aufhalten. Aber das klappte nicht. Das aggressive Feuer breitete sich schnell aus.”, beschreibt Schwedas-Kassebaum die Situation.
Die Feuerwehrmänner wussten, dass die Hausbesitzerin Antje Gußmann im ersten Stock des Gebäudes wohnte. Deshalb erklomm einer der Kameraden über eine Leiter den Balkon. Doch Frau Gußmann hatte kurz zuvor das Haus mit ihrem Hund verlassen. Es gelang ihr auch noch, ihr Auto aus der Garage zu retten.
Das Fotogeschäft Goos wurde völlig vernichtet. Seit 1985 betreibt Jürgen Goos dort sein Studio. Mitarbeiter Daniel Rosenberg aus Kellinghusen hatte die Nachricht über das Feuer im Radio gehört und seinen Chef, der in Barmstedt wohnt, angerufen.
200 Gipsabdrücke aus der Praxis für Kieferorthopädie von Dörthe Betzenberger konnten die Helfer von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk nach den ersten Löscharbeiten ebenso retten wie Krankenakten aus der Arztpraxis von Karin Dietz. Die beiden medizinischen Einrichtungen sind nur noch ein Berg von Schutt und Asche. Behandlungsstühle, Computer und teure Einrichtungsgegenstände sind unbrauchbar. Auch die Boutique von Frau Gußmann wurde völlig vernichtet.
Während des Großeinsatzes war die Innenstadt weiträumig gesperrt. Selbst die Supermärkte und andere Geschäfte konnten bis gegen 8 Uhr nicht beliefert werden. Überall lagen Schläuche.
Bereits im September des vergangenen Jahres war ein anderes reetgedecktes Gebäude in Kaltenkirchen ebenfalls Opfer eines Brandstifters geworden – das Bürgerhaus. Es wird zur Zeit wieder aufgebaut. Kaltenkirchens Bürgermeister Ingo Zobel – der ebenso wie Landrat Georg Gorrissen an die Unglücksstelle geeilt war – zeigte sich tief betroffen: “Ich bin genau so erschüttert wie alle anderen Kaltenkirchener auch. Das Reetdachhaus gehörte neben dem Bürgerhaus und der Michaeliskirche zu den drei Wahrzeichen unserer Stadt, von denen zwei auf so ungeheuerliche Weise vernichtet wurden.”
Die Kriminalpolizei in Bad Segeberg sucht Zeugen, die verdächtig Beobachtungen gemacht haben (Telefon 04551/8840).
Der Brandstifter des Bürgerhauses, der damals der Kaltenkirchener Jugendfeuerwehr angehörte, kommt für die Tat nicht m Frage, denn er befindet sich in psychiatrischer Unterbringung in Kiel.
Quelle: Nord Express
erschienen am 7. Juni 2000
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